Heimkehr nach Fukushima
Roman
Roman
Dass Adolf
Muschg sich nicht nur als Débatteur, sondern auch als Schriftsteller in
aktuelle politische Kontroversen einschaltet, belegt sein neuester Roman
„Heimkehr nach Fukushima“. Er thematisiert darin das komplexe Verhältnis
Japans, aber indirekt auch Europas, zur Atomenergie. 2011 ist es in Fukushima
zur Nuklearkatastrophe gekommen mit 18’500 Toten und langfristigem
Zerstörungspotential. Ganze Landstriche wurden unbewohnbar. Folge war der
kontrovers diskutierte Ausstieg aus der Atomenergie.
Adolf Muschg
hat daraus einen furiosen Roman über die Liebe und die Kraft der Literatur
geschrieben. Der Schriftsteller schickt den Architekten, Philosophen und
Stifter-Liebhaber Paul Neuhaus in die verstrahlte Gegend. Die Übersetzerin
Mitsu reist mit ihm. Die Regierung wünscht eine Rückbesiedelung, die Menschen
aber haben Angst. Neuhaus und Mitsu wollen sie dazu bewegen, die verstrahlte
Gegend zu verlassen.
Dem
Endzeitgefühl setzt Muschg die Liebe zwischen dem Architekten und der
Übersetzerin entgegen, eine verrückte Leidenschaft als gegenläufige Bewegung
zur Zerstörung. Zum Brennpunkt der japanischen und der europäischen Kultur wird
dabei eine Erzählung Adalbert Stifters und dessen Strategie, dem Exzessiven und
Verstörenden gelassen die versöhnende, heilende Kraft der Liebe und der Natur
entgegenzusetzen.
Adolf Muschg: Heimkehr nach Fukushima. Roman. C.H. Beck
Verlag, München 2018
Er gehört zu den profiliertesten
Schriftstellern der Schweiz. Adolf Muschg (geb. 1934), emeritierter Professor
für Sprache und Literatur der ETH, ist eine Doppelbegabung: Als
Literaturwissenschaftler überraschte er immer wieder mit unkonventionellen
Zugriffen. Seine Monographie über Gottfried Keller (1977) zeigte den Schweizer
Klassiker aus ganz neuem Gesichtswinkel. Mit den beiden politischen Essays
„Wenn Auschwitz in der Schweiz liegt“ (1997) und „Was ist europäisch. Reden für
einen gastlichen Erdteil“ (2005) mischte er sich hartnäckig in die helvetische
Vergangenheitsbewältigung und den Schweizer Politalltag ein - ein Mahner, ein Vordenker,
eine Instanz. Bis heute beeinflusst Muschg den aktuellen politischen Diskurs in
der Schweiz und in Europa.
Als Schriftsteller erfand
er sich mit jedem Buch neu. Sein Opus Magnum, „Der Rote Ritter. Eine Geschichte
von Parzival“ (1993) steht noch heute wie ein erratischer Stein in der
Literaturlandschaft, so singulär ist die Mischung aus literarischer Phantasie, Imagination
des historischen Ritterlebens und Neuinterpretation des Versromans von Wolfram
von Eschenbach. In den vielen Romanen und Erzählungen beleuchtet er jedes Mal
neue Facetten des liebenden und hassenden, suchenden und strauchelnden Menschen
und verschafft seinen Lesern immer neue Erkenntnisse über sich selbst.
Kein Wunder, dass Adolf Muschg einer der wenigen
Intellektuellen der Schweiz ist, die europäische Geltung haben. 1994 wurde ihm
der renommierte Georg-Büchner-Preis zugesprochen, 2015 erhielt er den Schweizer
„Grand Prix Literatur“. Für sein neuestes Werk, „Heimkehr nach Fukushima“
(2018) wurde er für die Longlist des Deutschen Buchpreises nominiert.
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